Psychische Begleiterkrankungen bei Schuppenflechte

Die KIRINUS PsoriSol Klinik behandelt seit Jahren erfolgreich Schuppenflechte. Ein relativ neuer Fokus liegt dabei auf dem Zusammenspiel von Psoriasis und Psyche. Andrea Eisenberg, leitende Ärztin Fachabteilung Dermatopsychosomatik, arbeitet an Deutschlands größter Akut-Hautklinik in Hersbruck, Bayern. Sie erklärt, warum Menschen mit Psoriasis oft psychische Belastungen erleben und wie ihnen geholfen werden kann.

Welche psychischen Begleiterkrankungen treten bei Psoriasis häufig auf?
Viele meiner Patientinnen und Patienten berichten von Ängsten oder Scham aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes, was häufig in sozialem Rückzug endet. Depressionen sind ebenfalls weit verbreitet. Nach meinen Erfahrungen kämpft etwa jeder fünfte Psoriasis-Patient mit erheblichen psychischen Problemen.

Warum sind psychische Probleme bei Psoriasis so häufig?
Die sichtbaren Hautveränderungen spielen dabei eine zentrale Rolle. Patienten erzählen oft, dass sie abwertende Reaktionen oder kritische Blicke erleben. Dies kann zunächst verunsichern und schließlich zu einer negativen Selbstwahrnehmung führen. Unser Selbstwertgefühl hängt oft stark mit unserem Äußeren zusammen. Wer sich selbst nicht akzeptieren kann, wird anfälliger für Ablehnung durch andere. Viele Menschen mit Hauterkrankungen ziehen sich zurück, verzichten auf soziale Kontakte oder hören mit Aktivitäten wie Sport auf. Dadurch steigt der Druck auf verbleibende Beziehungen, etwa zur Partnerin oder zum Partner. Wenn diese oder dieser sich überfordert fühlt und sich distanziert, verstärkt das die negative Stimmung weiter. Häufig greifen Betroffene dann zu Alkohol, Stimmungsaufhellern oder Zigaretten, was die sogenannte Abwärtsspirale zusätzlich beschleunigt.

Beeinflussen psychische Probleme auch die Haut?
Ja, Psyche und Haut sind eng miteinander verbunden. Stress kann die Schuppenbildung verstärken und die Heilung von Entzündungen behindern. Depressionen oder Selbstablehnung führen oft dazu, dass Betroffene die Motivation für die Hautpflege verlieren oder sie vernachlässigen. Zudem verstärken Stress und Ängste die Juckreizwahrnehmung, indem die freien Nervenenden vorhandene Hautirritationen verstärkt ans Gehirn melden. Eine Depression wirkt sich negativ auf das Juckreizerleben aus, weil aufgrund der Symptomatik die Wahrnehmung mehr auf das Problematische beziehungsweise auf die Belastungen gelenkt wird, die dann in den Fokus der Wahrnehmung geraten.

Welche Ansätze bietet die KIRINUS PsoriSol Klinik an?
Wir vermitteln Strategien zum Umgang mit Stress und unterstützen dabei, die Psoriasis anzunehmen. Patientinnen und Patienten, die sich sozial zurückgezogen haben, müssen oft schrittweise wieder an alltägliche Situationen herangeführt werden – etwa an das Einkaufen, den Besuch beim Friseur, im Schwimmbad oder andere Aktivitäten in der Öffentlichkeit. Über allem steht natürlich die optimale Versorgung der Hauterkrankung. Ein strukturiertes Tagesprogramm mit positiven Aktivitäten trägt dazu bei, den Fokus wieder auf die besseren Seiten des Lebens zu lenken. Von vielen Patienten wird die Gemeinschaft und der Austausch mit anderen Betroffenen als sehr entlastend erlebt, zudem berücksichtig unsere Therapieplanung die besonderen Bedürfnisse von Menschen mit chronisch-entzündlichen Dermatosen. 

Wie verbinden Sie die Behandlung von Haut und Psyche?
Unsere Therapien kombinieren dermatologische Ansätze, wie moderne Medikamente und Licht- oder Badetherapien, mit psychologischer Unterstützung. Ziel ist es, das Hautbild zu verbessern und gleichzeitig die Lebensqualität nachhaltig zu steigern. Ein weiterer wichtiger Bestandteil ist die Arbeit an der Akzeptanz der Erkrankung.

Wie wirken sich erfolgreiche medikamentöse Therapien auf psychische Probleme aus?
Eine wirksame Behandlung der Psoriasis reduziert die psychosoziale Belastung oft erheblich. Ich rate jedem Psoriasis-Patienten, sich neben einer fundierten Behandlung der Grunderkrankung auch umfassend über die Krankheit und ihre Therapiemöglichkeiten aufklären zu lassen.

Erkennen niedergelassene Hautärzte psychische Probleme bei ihren Patienten?
Hautärzte haben eine hohe dermatologische Expertise, doch es wäre wünschenswert, wenn sie mehr Augenmerk auf die Psyche ihrer Patienten legen würden. Es gibt die Zusatzqualifikation „Psychosomatische Grundversorgung“. Diese schult Ärztinnen und Ärzte beim Erkennen psychischer Belastungen und in der Gesprächsführung. Jede Ärztin und jeder Arzt kann diese Kurse bei entsprechenden von der Ärztekammer anerkannten Weiterbildern durchführen.

Wie offen sprechen Psoriasis-Patienten über psychische Belastungen?
Psychische Probleme sind für viele ein Tabuthema, und oft wird der Zusammenhang zur Psoriasis gar nicht erkannt. Deshalb ist es wichtig, Patienten gezielt aufzuklären. Mein Tipp: Im Arztgespräch sollte man mögliche belastende Gefühle und typische Symptome von Angstkrankheiten oder Depression offen ansprechen. Grade die depressive Symptomatik ist weiterhin auch stigmatisiert. Hinweise auf eine Depression können die beiden Kernfragen geben: Sind Interesse und Freude am Leben deutlich weniger geworden oder sogar ganz verloren gegangen? Fehlt Ihnen häufig der Antrieb, die Dinge, die Sie tun wollen, anzugehen?

Was können Betroffene tun, wenn sie depressiv sind?
Eine Tagesstruktur mit den folgenden vier Elementen kann helfen: 1. Eine Aufgabe erledigen, etwa einen Brief an eine Behörde schreiben, 2. sich etwas Gutes tun, 3. soziale Kontakte pflegen und 4. körperlich aktiv sein. Bewegung ist ein hervorragendes Mittel gegen Depressionen.

Gibt es einen psychologischen Schlüssel im Umgang mit Psoriasis?
Die Balance ist entscheidend. Es gilt, die Anforderungen der Erkrankung, wie die Zeit für Hautpflege, zu berücksichtigen und gleichzeitig Raum für andere Lebensbereiche zu schaffen.

Weitere Informationen gibt es hier: https://www.kirinus.de/psorisol-klinik/behandlung/dermatopsychosomatik

 

Autorin

Andrea Eisenberg
Leitende Ärztin Dermatopsychosomatik, Fachärztin für Psychotherapeutische Medizin, Fachärztin für Innere Medizin